fair.digital e.V. begrüßt aktuelle Entscheidungen für mehr Transparenz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Karlsruhe 10.02.2022. Das als „Transparency & Consent Framework” (TCF) bekannte Zustimmungs-Popup-System ist auf über 80 Prozent der Webseiten in Europa nicht DSGVO-konform. Zu dieser Entscheidung kommen aktuell die Datenschutzbehörden der Europäischen Union. Auch die Einbindung von dynamischen Webinhalten von Google Fonts ist ohne Einwilligung der Besucher nach einem jüngsten Urteil des Landgerichts München rechtswidrig.
„Große Internetkonzerne bedrohen nach wie vor die digitale Souveränität von Bürgern und Unternehmen in Europa. Als Verein, der sich für den Erhalt der digitalen Grundrechte in Europa einsetzt, begrüßen wir sowohl die Entscheidung der europäischen Datenschutzbehörden als auch das jüngste Gerichtsurteil aus München ganz ausdrücklich, weil es die Grundrechte und -freiheiten von Millionen Bürgern in Europa und Deutschland schützen möchte”, so Martin Hubschneider, Vorsitzender des Vereins fair.digital aus Karlsruhe und Vorstand der CAS Software AG.
„Es kann nicht sein, dass große Internetkonzerne ohne eine wirkliche Zustimmung des Internetnutzers in großem Umfang personenbezogene Daten sammeln können, die womöglich in Profiling-Aktivitäten, Verhaltensprognosen und in eine daraus resultierende Überwachung der Bevölkerung münden. Wir fordern stattdessen Transparenz, Vertrauenswürdigkeit und Fairness beim Umgang mit sensiblen Daten der Bürgerinnen und Bürger”, so Martin Hubschneider weiter.
EU-Datenschutzbehörden stoppen Pop-up-Plage
In der Entscheidung vom 2. Februar 2022 stellen 28 EU-Datenschutzbehörden, angeführt von der belgischen Datenschutzbehörde als führende Aufsichtsbehörde, fest, dass der Branchenverband der Online-Werbebranche “IAB Europe” bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit seinem „Transparency and Consent Framework” (TCF) mehrfach gegen die DSGVO verstößt. Demnach sei nicht sichergestellt, dass personenbezogene Daten sicher und vertraulich behandelt werden. So etwa werde die Einwilligung nicht ordnungsgemäß eingeholt und keine Transparenz darüber hergestellt, was mit den Daten der jeweiligen Internetnutzer geschieht. Insgesamt wurden keine Maßnahmen ergriffen, die sicherstellen, dass die Datenverarbeitung im Einklang mit der DSGVO erfolgt.
Landgericht München: Übermittlung der IP-Adresse ohne explizite Zustimmung an Google rechtswidrig
Nach dem Urteil des Gerichts muss eine Webseiten-Betreiberin 100 Euro Schadensersatz entrichten, weil die IP-Adresse eines Nutzers ohne dessen Zustimmung über die Font-Library an Google übermittelt wurde. Die Entscheidung bezieht sich nicht auf Google Fonts, die vom eigenen Server ausgeliefert werden, sondern nur auf jene, die extern über Google-Server bereitgestellt werden. Der Verstoß führe dazu, so das Urteil des Landgerichts, dass der Kläger die Kontrolle über seine persönlichen Daten verliere.
Google Analytics verstößt gegen DSGVO
Sowohl die Entscheidung der europäischen Datenschützer als auch das Urteil des Münchner Landgerichts reiht sich ein in weitere Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit. In einer wegweisenden Entscheidung hat die österreichische Datenschutzbehörde nun entschieden, dass die Nutzung von Google Analytics gegen die DSGVO verstößt. Bereits im Jahr 2020 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Nutzung von US-Anbietern gegen die DSGVO verstößt, da US-Überwachungsgesetze US-Anbieter wie Google oder Facebook dazu verpflichten, persönliche Daten an US-Behörden zu übermitteln.