fair.digital – ein wachsendes Netzwerk für Digitale Souveränität

Mit den Prinzipien Datenschutz, Transparenz und Fairness stellt der gemeinnützige Verein fair.digital e.V. eine Gegenbewegung zu Daten-Monopolen dar. Der von “fair.digital” vertretene Netzwerk-Gedanke und die zentrale Rolle der Digitalen Souveränität wird auch beim CyberForum als größtes europäisches Netzwerk mit über 1.200 Mitgliedern aus der Digitalwirtschaft fokussiert.

David Hermanns

 

Martin Hubschneider

David Hermanns, Geschäftsführer des CyberForum und Unterstützer der Initiative fair.digital, und Martin Hubschneider, Vorsitzender des Vereins fair.digital und Vorstandsmitglied des CyberForum, sprechen in einem aktuellen Interview über die zentrale Rolle von Netzwerken und Digitaler Souveränität – auch außerhalb der IT-Branche.

David Hermanns betont, dass durch die Auszeichnung mit dem Gütesiegel von fair.digital gleichzeitig ein Überblick über faire digitale Produkte und Dienstleistungen geschaffen wird. Denn für die Zertifizierung müssen sieben Kriterien erfüllt sein, die dem Ziel der Digitalen Souveränität folgend datensparsam gestaltet sind. Die Nutzung dieser fairen Alternativen macht Europa unabhängig von Daten-Monopolen. Hermanns führt aus:  

“Mit dem Verein fair.digital vereinen wir Unternehmen mit einheitlich übereinstimmenden Werten, um unsere Zukunft digital souverän zu gestalten.”

David Hermanns

Hubschneider identifiziert den Erfolg des Vereins durch die zahlreichen positiven Rückmeldungen und der wachsenden Bedeutung von Digitaler Souveränität in der Öffentlichkeit. Auch Hermanns beobachtet, dass sich immer mehr Mitglieder des CyberForum mit der nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung beschäftigen und bei der Umsetzung der fair.digital-Ziele mitwirken wollen. Letztlich geht damit nämlich eine Stärkung des gesamten Netzwerks einher, so das Resümee von David Hermanns.

Das Bewusstsein für Digitale Souveränität soll, so Hubschneider zum Schluss des Interviews, mit Vorträgen und einer vermehrten öffentlichen Präsenz von “fair.digital” gestärkt werden, damit durch ein wachsenden Netzwerk schließlich die Digitale Souveränität Europas vorangetrieben werden kann.

Das vollständige Interview von Martin Hubschneider und David Hermanns steht hier auf TECHTAG zur Verfügung.

 

Datenkrake “Clubhouse”?

Eigener Screenshot von der App “Clubhouse” im App Store auf einem Apple Smartphone

Die Audioplattform “Clubhouse” hat Anfang 2021 innerhalb kürzester Zeit den ersten Rang bei den Social Networking Charts im App Store von Apple erklommen. Gleichzeitig berichtet der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, Klaus Müller, über Twitter über die Abmahnung der Anbieter von “Clubhouse” aufgrund von gravierenden rechtlichen Mängeln. Was hat es mit der App und den Mängeln – gerade hinsichtlich des Datenschutzes – auf sich?

Die Social-Networking-Site Clubhouse gehört zum Unternehmen Alpha Exploration Co. aus der Nähe von San Francisco. Gründer der amerikanischen App sind Paul Davison (vormals bei Pinterest) und Rohan Seth (vormals bei Google).

Aufbau und Angebot der App

Als reine Audioplattform bietet “Clubhouse” das Erstellen von virtuellen Räumen an, um sich mit anderen Nutzern zum Austausch zu treffen. Zur Veranschaulichung kann man sich die App als eine Life-Podcasts-Plattform vorstellen, durch die den Nutzern die theoretische Teilnahme an hunderten Gesprächsräumen ermöglicht ist. Teilnehmen kann man als Sprecher oder Zuhörer, wobei die jeweiligen Gastgeber der Konversation Zuhörenden auch das Sprechen gestatten können. Die Nutzer können sich auch in sogenannten Clubs organisieren, in denen das Vorausplanen von Gesprächsräumen möglich ist.

Auffällig ist die künstliche Verknappung der App: Mitmachen kann man derzeitig nur durch eine Einladung eines bereits beigetretenen Nutzers. Dabei darf jeder Nutzer nur zwei Einladungen versenden. Außerdem ist die App zurzeit nur für Apple-Geräte mit iOS erhältlich, wodurch alle Nutzer von Android-Smartphones ausgeschlossen sind.

Insbesondere dieser exklusive Zugang dürfte zu der Entstehung des aktuellen Hypes beigetragen haben. Ein Effekt namens “Fear of Missing out”, also die Angst vor dem Verpassen, regt Menschen zur Teilnahme an.

Clubhouse” und der Datenschutz

Da man die App zurzeit nur mit einer Einladung gebrauchen kann, muss man “Clubhouse” bei der Registrierung als Nutzer den Zugriff auf alle gespeicherten Kontakte auf dem Smartphone gewähren, um selbst Freunde einzuladen. Die Daten aus dem Adressbuch werden auf die Server der Alpha Exploration Co. in den Vereinigten Staaten übertragen. Diese Übertragung ist problematisch, da die USA datenschutzrechtlich als unsicher gilt. Außerdem müssen laut Artikel 14 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) alle betroffenen Kontakte der Clubhouse Nutzer vor der Gewährung des Zugriffs über die Nutzung ihrer persönlichen Daten informiert werden – sonst liegt ein Verstoß vor.

Kritisch zu betrachten ist auch die Anlage von sogenannten “Schattenprofilen” von den Kontakten, die die App nicht nutzen. Dabei werden die Namen und (Kontakt-)Daten der Personen abgespeichert.

In Deutschland wird Clubhouse derzeitig auch noch ohne das erforderliche Impressum betrieben. Außerdem liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutz-Hinweise nicht wie vorgeschrieben auf Deutsch, sondern nur auf Englisch vor. In ebendiesen Nutzungsbedingungen gibt Clubhouse auch folgendes an: „By using the Service, you consent to having your audio temporarily recorded when you speak in a room“, zu Deutsch: Wenn Sie diesen Service nutzen, willigen Sie der temporären Aufnahme von Audiomitschnitten zu. Laut “Clubhouse” selbst erfolgen diese Aufzeichnungen zur Meldung und Ahndung von Regelverstößen während der Live-Gespräche.

Die App sammelt auch Informationen über den Nutzer selbst, um ein Kommunikationsprofil zu erstellen. Unter diesen Informationen sind Daten über Accounts und Gruppen, mit denen sich der Nutzer austauscht, und auch Informationen darüber, wie oft und wie lange der Nutzer zu welcher Tageszeit aktiv ist.

Neben dem Datenschutz bietet die App auch inhaltliche Risiken: „In den USA kamen schon bald nach dem Start erste Berichte auf über Antisemitismus, Rassismus und Sexismus in der App. So werden eben nicht nur spannende Ideen und Wissen diskutiert, sondern auch Menschen angefeindet oder Falschinformationen verbreitet“, so Thomas Moßburger vom BR24. Das ist aber ein anderes Thema, mit dem sich jeder einzelne kritisch auseinandersetzen muss.

Für die Zukunft stellt sich die Frage, wie das Unternehmen Geld verdienen will. Mit dem Schalten von Audiowerbung? Oder stellen unsere persönlichen Daten das Kapital des Unternehmens dar?

 

Einblicke in den Datenschutzbericht zum Corona-Jahr 2020

Der „Tätigkeitsbericht 2021 des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein“ gibt einen Überblick über die wichtigsten und interessantesten Datenschutz-Themen im Jahr 2020. Besonderen Fokus legt Marit Hansen als Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein im Bericht auf die Umsetzung von Datenschutzgrundsätzen in der Pandemiesituation. Aufgegriffen werden außerdem auch immer aktuelle Themen rund um den Beschäftigungsdatenschutz, Videoüberwachung und den Schutz von Patientendaten.

Wie wichtig das Thema Datenschutz ist, verdeutlichen die um knapp 16 Prozent gestiegenen gemeldeten Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten und die vom Vorjahr von 1.194 auf fast 1.500 vermehrten schriftlichen Beschwerden (1Tätigkeitsbericht 2021, S. 10f).

In diesem Zusammenhang kann man zwar generell festhalten, dass die meisten untersuchten Fälle keine absichtlichen Verstöße darstellen, sondern aufgrund des fehlenden oder vergessenen Wissens um die Pflichten der Verantwortlichen zu begründen waren. Jedoch stehen im Gegensatz dazu auch Vorfälle, bei denen vorsätzlich gegen die Datenschutzgesetze verstoßen wurde. Beispielhaft nennt das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) das heimliche Erstellen von Videoaufnahmen in Umkleiden und medizinischen Untersuchungen.2

Datenschutz im Homeoffice

Das Jahresthema „Corona“ fokussiert den stark angestiegenen örtlichen Wechsel der Beschäftigen in das eigene Zuhause. Mit dem Homeoffice gestörte Arbeitsabläufe wurden oftmals mit Möglichkeiten gelöst, die nicht immer im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung standen und zu Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten führten (1Tätigkeitsbericht 2021, S. 71). Um in einer improvisierten und konzeptionellen Phase eine Überbrückung zu schaffen (1Tätigkeitsbericht 2021, S. 87), bietet der ULD Handreichungen als Hilfestellung zu dem Umgang mit personenbezogenen Daten, die man online z.B. hier einsehen kann.

Steigende Bedeutung von Digitaler Souveränität

Marit Hansen betont, dass gerade in der heutigen Zeit, in der eine steigende Abhängigkeit von technischen Produkten festzustellen ist, Verantwortliche ihrer Verantwortung nachkommen müssen. Unbedingt muss in diesem Zusammenhang auch die Digitale Souveränität gestärkt werden, die laut dem ULD die Selbstständigkeit, Selbstbestimmtheit und Sicherheit von Individuen in der digitalen Welt widerspiegelt. Dafür soll beispielsweise die datenschutzrechtliche Beurteilung von digitalen Produkten und Dienstleistungen verbessert werden (1Tätigkeitsbericht 2021, S. 17). Das Siegel von “fair.digital” trägt einen Beitrag zu der Schaffung von Digitaler Souveränität bei, indem es digitale Produkte und Dienstleistungen ausgezeichnet, die die Prinzipien Fairness, Datenschutz und Transparenz vertreten.

Quellen:

 

Wie eine künstliche Intelligenz für Fairness sorgt (Interview)

Hunderte Seiten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) vor jeder Online-Bestellung lesen? Oder lieber von einer künstlichen Intelligenz (KI) prüfen lassen, ob ein Vertrag fair aufgesetzt ist? Klingt nach Science-Fiction? – Ist es wahrlich nicht. In Karlsruhe entstand ein Projekt beim Preisträger “KI-Champion Baden-Württemberg 2020”, das genau das möglich macht. Timo Haberl von der thingsTHINKING GmbH im Interview:

Ihre KI namens “semantha” wird bei dem Projekt “IstDasFair” verwendet. Doch was kann Ihre KI?

Timo Haberl: Seit unserer Gründung im Jahr 2017 aus dem KIT heraus arbeiten wir an der stetigen Weiterentwicklung von “semantha”. Wo man bei normalen Suchfunktionen genau das gesuchte Wort eingeben muss, kann unsere KI auf semantischer Ebene arbeiten und Texte auf Bedeutungsebene zusammenbringen. Dadurch kann man mit unserer KI zum Beispiel eine große Anzahl von Dokumenten auf Überschneidungen oder bestimmte Hot Spots hin überprüfen.

Wie ist das Projekt “IstDasFair” entstanden?

Timo Haberl: Folgender Fall bei uns im Unternehmen hat das Projekt eingeleitet: Ein Produkt wurde online bestellt, das Geld abgebucht, und drei Monate später wurde der Vertrag vonseiten des Händlers storniert. In diesen drei Monaten konnte der Händler jedoch mit dem Geld haushalten. Rechtlich ist das wasserdicht, allerdings fanden wir das überhaupt nicht fair dem Kunden gegenüber. Und das ist nur ein Beispiel unter vielen: Tagtäglich werden Verträge geschlossen, die man aufgrund von Zeitmangel nicht liest oder aufgrund des Fachvokabulars nicht vollständig versteht und dann Nachteile hat.

Was ermöglichen Sie mit “IstDasFair”?

Timo Haberl: Mit “IstDasFair” wollen wir das Thema KI sinnvoll nutzen, um Fairness in Form von – ich nenne es mal – “Waffengleichheit” sicherzustellen, dass also jeder das Recht hat, einen fairen Vertrag abzuschließen. Wer ein Dokument bei “IstDasFair” hochlädt, bekommt in Sekundenschnelle ein kommentiertes PDF- oder Word-Dokument zurück, wo genau ersichtlich ist, welche Stellen man sich nochmal anschauen sollte, da diese zum Nachteil des Verbrauchers sein könnten. Im Nachgang kann jeder für sich selbst entscheiden, ob ein Rechtsbeistand hinzugezogen werden soll oder nicht, da wir auf keinen Fall einen Rechtsanwalt ersetzen können. Wir können lediglich Hinweise geben.

Wie funktioniert “IstDasFair”?

Timo Haberl: Das Angebot bedient sich an einer Datenbank, die mit fairen und unfairen Passagen aus Vertragsdokumenten wie Arbeitsverträgen, aber auch AGBs etc. gefüllt ist. Die Inhalte der Datenbank stammen von Juristen und Fachexperten, die uns auch bei der stetigen Erweiterung dieser unterstützen. Mithilfe unserer KI “semantha” können wir dann auf Basis dieser Datenbank hochgeladene Dokumente auf Bedeutungsebene hin untersuchen.

Wie stellen Sie Datenschutz bei Ihrer KI sicher?

Timo Haberl: Bei Unternehmen, die mit sensiblen Daten umgehen müssen, läuft unsere Software “semantha” nicht in der Cloud, sondern tatsächlich beim Kunden selbst. Außerdem können wir “semantha” in jeder Branche Out-of-the-Box einsetzen, ohne die KI mit Dokumenten vom Kunden zu trainieren. Mehr zum Thema Datensicherheit kann man auch auf unserer Webseite einsehen, wo wir die ganzen Verschlüsselungsverfahren aufzeigen.

Wie wird es mit Ihrer KI und Ihrem Projekt “IstDasFair” weitergehen?

Timo Haberl: Wir möchten “semanthas” Funktionsumfang erweitern und sie als unterstützendes Werkzeug in anderen Branchen und Unternehmen implementieren. Bei “IstDasFair” herrscht ein ähnlicher Ansatz: Wir möchten die Datenbank schnellstmöglich erweitern, um noch mehr Themengebiete abdecken zu können. Außerdem soll das Thema noch mehr Aufmerksamkeit bekommen, um die nach wie vor vorherrschende Skepsis gegenüber KI zu ändern. Wir möchten nämlich aufzeigen, dass künstliche Intelligenzen für durchaus nützliche Vorgänge eingesetzt werden können.

Weitere Informationen zu dem Unternehmen und seiner KI finden Sie hier.

Das Angebot “IstDasFair” zur Dokumentprüfung können Sie hier aufrufen.