Arbeitszeiterfassung: Aktueller Stand und datenschutzkonforme Umsetzung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat in einem Urteil (1 ABR 22/21) vom 13.09.2022 festgestellt, dass Unternehmen  nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die Arbeitszeit der Angestellten erfasst werden kann. Diese Entscheidung basiert auf der europarechtskonformen Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und bezieht sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Arbeitszeiterfassung aus Mai 2019.

Ein kürzlich veröffentlichter Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wirft die Frage auf, welche Informationen Firmen im Hinblick auf die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden zukünftig dokumentieren müssen. Zudem gibt es Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung von Vertrauensarbeitszeit.

Geplante Regeln und Ausnahmen

Gemäß § 16 Abs. 2 ArbZG-E sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten zu dokumentieren. Es wird vorgegeben, die Zeiterfassung elektronisch durchzuführen, jedoch werden keine konkreten Vorgaben gemacht, wie die elektronische Erfassung auszusehen hat. Es ist davon auszugehen, dass elektronische Zeiterfassungsgeräte, -Systeme oder Apps genutzt werden.

Der Gesetzentwurf schlägt weiterhin vor, dass kleine Betriebe mit weniger als 10 Angestellten von der Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung ausgenommen werden können. Vertrauensarbeitszeit, bei der die genaue Arbeitszeit von den Mitarbeitern selbst bestimmt wird, soll weiterhin möglich sein, wenn Arbeitszeiten gleichzeitig dokumentiert werden.

Dabei ist wichtig, dass Arbeitgeber weiterhin für die ordnungsgemäße Dokumentation der Zeiterfassung verantwortlich sind, auch wenn sie die Pflicht zur Zeiterfassung den Mitarbeitenden überlassen können. Die Arbeitszeit muss täglich erfasst werden, wobei eine Ausnahme durch Tarifvertrag, Betriebs- oder Dienstvereinbarung möglich ist. In jedem Fall müssen die Zeiten spätestens nach 7 Tagen erfasst worden sein.

Es gibt auch Ausnahmen von der Zeiterfassungspflicht: Diese gelten für ausländische Unternehmen ohne Betriebsstätte in Deutschland, wenn weniger als 10 Angestellte nach Deutschland entsandt werden, sowie für Privathaushalte. Es ist auch möglich Ausnahmen von der elektronischen Dokumentation in Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zu vereinbaren.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zeiterfassungspflicht zukünftig wohl für alle Mitarbeitenden gilt, jedoch Ausnahmen für bestimmte Tätigkeiten und Vereinbarungen bestehen. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, eine genaue Dokumentation der Arbeitszeiten zu gewährleisten, um die Einhaltung der Arbeitszeitregelungen und damit des Arbeitsschutzes zu kontrollieren.

Für Unternehmen ohne bestehende Arbeitszeiterfassung besteht durch das kommende Gesetz wie auch die Urteile von EuGH und BAG Handlungsbedarf. Eine wichtige Frage bei der Auswahl von Software zur Zeiterfassung ist zweifellos deren Fairness, Transparenz und Datenschutz. Bei Herstellern wie ZMI finden Unternehmen aller Branchen und Größen flexible und fair.digital-zertifizierten Lösungen für die Digitale Zeiterfassung mit stationären oder mobilen Terminals, am PC-Arbeitsplatz oder via App auf dem Smartphone oder Tablet.

Weitere Informationen zu den Lösungen von ZMI finden Sie unter www.ZMI.de

Praxisbeispiel: FeedBeat Stage Performance Plattform

FeedBeat ist eine Plattform für hybride und digitale Bühnensituationen mit vielen Teilnehmenden, wie es beispielsweise der Fall ist bei Webinaren, Konferenzen, Produktpräsentationen, Podiumsdiskussionen, Konzerten, Theater, Comedy oder Lesungen. FeedBeat erweitert den physischen Zuschauerraum in die digitale Dimension und ermöglicht mehr Publikum und mehr Teilhabe bei gleichzeitiger Reduktion des Carbon-Footprints. Sie verfügt über einzigartige Merkmale der Interaktion, Personalisierung und emotionalen Teilhabe. Dafür wurde sie ausgezeichnet von NRW Kultur.

Hybrid und digital: 

Hybride Veranstaltungen sind Liveveranstaltungen, an denen gleichzeitig Menschen vor Ort als auch über digitale Kanäle teilnehmen. Insbesondere Bühnensituationen stellen dabei besondere  Anforderungen an die Integration und Interaktion gemischter Gruppen. Beispielsweise bei Produktschulungen, Konferenzen oder Kulturveranstaltungen ist es wichtig ein Gefühl auch für das Onlinepublikum zu haben und dieses durch gezielte Ansprache in die Veranstaltung integrieren zu können. Starke Feedbackkanäle fördern Interaktion und Erlebnischarakter zusätzlich. Die Plattform bleibt im Hintergrund und präsentiert die Veranstaltung optimal. Zugänge über alle Endgeräte und ohne Login-Hürden erleichtern die Teilnahme auch wenig technikerfahrener Menschen.

Fairness eingebaut: 

Die Plattform folgt einem konsequenten Privacy by Design Ansatz gemäß dem Grundsatz “Daten, die nicht gespeichert werden, können auch nicht weitergeben werden”. Als Cloud und On-Premise-Lösung selbstverständlich DSGVO-konform. Alle Rechte am Werk bleiben bei den Veranstaltern und Akteuren zur eigenen Verwertung.

Fazit: 

FeedBeat gestaltet Digitalisierung auf zeitgemäße und zukunftsweisende Art. Die Plattform ist ein Beispiel dafür das Lösungen möglich sind, die den Schutz persönlicher Daten mit hohem Nutzen verbinden. Einfach Fair Digital.

Mehr Informationen zu FeedBeat finden Sie hier.

 

Praxisbeispiel: Erfolgreiche Kombination von Colocation und Cloud

Die TelemaxX Telekommunikation GmbH ist fair.digital-zertifizierter Betreiber von fünf Hochsicherheitsrechenzentren in der TechnologieRegion Karlsruhe. Erfolgreich seit 1999 hat sie sich darauf spezialisiert, individuelle Rechenzentrumsflächen, Housing- sowie Managed-Service-Lösungen für die Anforderungen unserer Geschäftskunden zu realisieren – wobei die TelemaxX Cloud sowie die klassischen Telekommunikationsdienste das Gesamtportfolio abrunden.

Die Rechenzentren 

Kennzeichnend für die TelemaxX-Rechenzentren ist die sehr hohe Verfügbarkeit. Die gesamte Infrastruktur, wie zum Beispiel die Stromversorgung, Klimatisierung und Internetanbindung, ist redundant aufgebaut und über ein hochsensibles Monitoring-System permanent überwacht. Diese Faktoren ermöglichen das Angebot von Colocation (auch Serverhousing genannt), bei dem Unternehmen ihre Hardware in die Rechenzentren unterbringen.  Die Colocation Services der TelemaxX untergliedern sich in die folgenden Servicevarianten: Höheneinheit, Rack und Cage.

Praxisbeispiel: Umzug zu Colocation

Aufgrund des Wachstums und der steigenden Unternehmensgröße stieg bei dem Kunden in diesem Beispiel auch die Beschaffung für Hardware sowie der Aufwand für das eigene IT-Personal. Damit mehr Sicherheit gewährleistet werden kann, entschied sich der Kunde, seine Hardware innerhalb eines Rechenzentrums in Form von Colocation unterzubringen. Im Rahmen der Gespräche fiel die Entscheidung auf 2 plus 1 Racks, in denen die eigenen Server untergebracht werden sollten.

Gemeinsam wurde ein Konzept inklusive der technischen Planung für den Kunden erarbeitet. Innerhalb weiterer Gespräche wurden die Anforderungen evaluiert und ein Angebot an den Kunden versendet. Nach Annahme des Angebots und Vertragsabschluss begann die detaillierte Planung. So konnten alle Anforderungen erfasst werden und die Realisierung innerhalb der Rechenzentrums erfolgen.

Das Managed Service Team plante mit dem Kunden den Umzug in das Rechenzentrum. Vorab wurden die Server-Racks bestellt und im Rechenzentrum aufgebaut. Gemeinsam mit dem Auftraggeber wurden die Server im Rack platziert und mit der entsprechenden Verkabelung ausgestattet. Um eine höhere Sicherheit und Verfügbarkeit durch Georedundanz zu gewährleisten, wurde anschließend ein Backup-System in einem weitere TelemaxX-Rechenzentrum aufgebaut.

Im laufenden Betrieb stellt das Datacenter Maintenance Team die optimale Kühlung sicher und misst den individuellen Stromverbrauch des Unternehmens. Zusätzlich kann der Kunde nach Sicherheitsprüfungen und mit eigenem Schlüssel für die Racks, jederzeit innerhalb des Rechenzentrums Bearbeitungen vornehmen.

Kombination mit der Cloud

Nach dem Umzug in die TelemaxX-Rechenzentren strebte das Unternehmen eine effizientere Arbeitsweise an. In diesem Zusammenhang entstand die Planung für den Einsatz der TelemaxX Cloud als Infrastructure as a Service. Das Konzept beinhaltet die Nutzung von Colocation für kritische Daten und den Einsatz von Rechenressourcen sowie die Auslagerung von unkritischen Daten in die Cloud. Innerhalb dieses Konstruktes werden kritische Daten On-Premises gespeichert und verarbeitet. Zudem wird die DSGVO und weitere Regularien eingehalten. Bei der TelemaxX Cloud handelt es sich um Cloud made in Germany und dieses Kriterium war für den Kunden von entscheidender Bedeutung.

Vom bereits bestehenden Server-Rack des Unternehmens wurde eine Verbindung zur Cloud aufgebaut. Schrittweise begann die Migration und der Kunde erhielt einen eigenen Zugang zu unserem Self-Service-Portal. In diesem können jederzeit weitere Rechenressourcen (vCPU, vRAM und vStorage) erhöht oder gesenkt werden.

Fazit

Die beschriebene enge Zusammenarbeit zeigt, wie wichtig die Unterstützung und somit die gemeinsame technische Planung ist. Mithilfe eines georedundanten Konzepts ist die Verfügbarkeit jederzeit sichergestellt. Neben der Sicherheit kann auch die Skalierbarkeit durch den Einsatz DSGVO-konformer Cloud-Services enorm gesteigert, inklusive der fair.digital-Zertifizierung!

Mehr Informationen zu TelemaxX und den Services finden Sie hier.

Praxisbeispiel: TOLERANT Match

Datenqualität mit Datenschutz 

Die Qualitätssicherung von Kundendaten ist das Kerngeschäft von TOLERANT Software aus Stuttgart. Dazu gehören Tools für schnelle unscharfe Suchen, weltweite Adressprüfungen, die Dubletten-Erkennung, Namensvalidierungen, Umzugsprüfungen und Compliance-Lösungen für die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und internationale Datenschutzanforderungen.

Anwendungsfall WGV

Die Datenqualitätssoftware TOLERANT Match kommt zum Einsatz, wenn Adressdaten bereinigt und Dubletten selbst in großen Datenbeständen identifiziert werden sollen, so z.B. bei der Württembergischen Gemeinde-Versicherung (WGV).

Die WGV nutzt TOLERANT Match seit 2012 und setzt es beispielsweise beim Zusammenführen großer Datenbestände ein. Noch während die Daten zusammengeführt werden durchsucht TOLERANT Match den Datenbestand sekundenschnell und treffsicher nach Dubletten. Der fehlertolerante Suchalgorithmus berücksichtigt dabei Schreib- und Tippfehler bei Namen und Adressen und identifiziert Duplikate auch bei unterschiedlichen Schreibweisen. „Mit unserer fehlertoleranten Suchtechnologie werden zusammengehörende Datensätze auch dann sicher erkannt werden, wenn ein Name mit „t“ statt mit „th“ ins System eingegeben wird“, erläutert TOLERANT Software-Geschäftsführer Stefan Sedlacek.

Olaf Bechthold leitet das Key-Account-Management der WGV-Informatik und Media GmbH, einem Tochterunternehmen der WGV. Bei der Auswahl eines geeigneten Softwaretools zur Verbesserung der Datenqualität achtete Bechthold auf die Kompatibilität zum bestehenden IT-System des Versicherungsunternehmens. TOLERANT Software passte die Architektur des Datenqualitätstools daher bereits im Vorfeld an das ICIS, das Standardbestandsführungssystem für Versicherungen, an, so dass einer erfolgreichen Integration nichts im Wege stand. Neben der Kompatibilität und der reibungslosen Implementierung schätzt der Key-Account-Manager von WGV auch die räumliche Nähe seines Datenqualitätslieferanten. Hinzu kommt: fair.digital wird unterstützt! TOLERANT Match hilft dabei, die Vorgaben der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) umzusetzen. So können z.B. Datenschutzanfragen mit dem Tool lückenlos, korrekt und fristgerecht beantwortet werden.

 

Grundrechte für Digitale Selbstbestimmung

Die Initiative JEDER MENSCH der Stiftung Jeder Mensch e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union mit sechs Grundrechten zu erweitern und erneuern.

Die Gründung der Stiftung wurde angetrieben durch das Buch „Jeder Mensch“ von Ferdinand von Schirach, der spätestens nach seinem millionenfach verkauften Roman „Der Fall Collini“ Berühmtheit erlangte. “Die alten Verfassungen Europas kennen auf die enormen Umwälzungen der letzten Jahre keine klaren Antworten.” – Deswegen fokussiert die Initiative Forderungen für eine geschützte Umwelt, Wahrheit in den Äußerungen von Amtsträgern und die Wahrung der universellen Menschenrechte im Kontext der Globalisierung. Dazu kommen neben der Möglichkeit der Erhebung einer Grundrechtsklage bei Verletzung der Charta besonders Themen aus der Digitalen Welt:

In Artikel 2 und 3 wird nach Digitaler Selbstbestimmung und transparenten Algorithmen gefordert, um Entscheidungen selbstständig zu treffen und der Manipulation durch die Ausnutzung von personenbezogenen Daten für personalisierte Werbung zu entgehen.

Die Ergänzung der Grundrechtecharta um diese zeitgemäßen Grundrechte kann nur durch einen Grundrechtekonvent umgesetzt werden, der wiederum von der einfachen Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten einberufen werden kann. Da dies nicht mit der Europäischen Bürgerinitiative möglich ist, hat sich die Initiative das Ziel gesetzt, politischen Druck auf die Mitgliedsstaaten auszuüben – und das mit mindestens einer Million Unterschriften.

Um die Grundsteine unserer Gesellschaft zu modernisieren und Digitale Souveränität zu erlangen, ist jede/r dazu aufgerufen, sich an der Umsetzung dieses Ziels zu beteiligen. Hier können alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union die Initiative unterstützen und den Impuls für einen Verfassungskonvent geben.

Quellen:

fair.digital – ein wachsendes Netzwerk für Digitale Souveränität

Mit den Prinzipien Datenschutz, Transparenz und Fairness stellt der gemeinnützige Verein fair.digital e.V. eine Gegenbewegung zu Daten-Monopolen dar. Der von “fair.digital” vertretene Netzwerk-Gedanke und die zentrale Rolle der Digitalen Souveränität wird auch beim CyberForum als größtes europäisches Netzwerk mit über 1.200 Mitgliedern aus der Digitalwirtschaft fokussiert.

David Hermanns

 

Martin Hubschneider

David Hermanns, Geschäftsführer des CyberForum und Unterstützer der Initiative fair.digital, und Martin Hubschneider, Vorsitzender des Vereins fair.digital und Vorstandsmitglied des CyberForum, sprechen in einem aktuellen Interview über die zentrale Rolle von Netzwerken und Digitaler Souveränität – auch außerhalb der IT-Branche.

David Hermanns betont, dass durch die Auszeichnung mit dem Gütesiegel von fair.digital gleichzeitig ein Überblick über faire digitale Produkte und Dienstleistungen geschaffen wird. Denn für die Zertifizierung müssen sieben Kriterien erfüllt sein, die dem Ziel der Digitalen Souveränität folgend datensparsam gestaltet sind. Die Nutzung dieser fairen Alternativen macht Europa unabhängig von Daten-Monopolen. Hermanns führt aus:  

“Mit dem Verein fair.digital vereinen wir Unternehmen mit einheitlich übereinstimmenden Werten, um unsere Zukunft digital souverän zu gestalten.”

David Hermanns

Hubschneider identifiziert den Erfolg des Vereins durch die zahlreichen positiven Rückmeldungen und der wachsenden Bedeutung von Digitaler Souveränität in der Öffentlichkeit. Auch Hermanns beobachtet, dass sich immer mehr Mitglieder des CyberForum mit der nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung beschäftigen und bei der Umsetzung der fair.digital-Ziele mitwirken wollen. Letztlich geht damit nämlich eine Stärkung des gesamten Netzwerks einher, so das Resümee von David Hermanns.

Das Bewusstsein für Digitale Souveränität soll, so Hubschneider zum Schluss des Interviews, mit Vorträgen und einer vermehrten öffentlichen Präsenz von “fair.digital” gestärkt werden, damit durch ein wachsenden Netzwerk schließlich die Digitale Souveränität Europas vorangetrieben werden kann.

Das vollständige Interview von Martin Hubschneider und David Hermanns steht hier auf TECHTAG zur Verfügung.

 

Wie eine künstliche Intelligenz für Fairness sorgt (Interview)

Hunderte Seiten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) vor jeder Online-Bestellung lesen? Oder lieber von einer künstlichen Intelligenz (KI) prüfen lassen, ob ein Vertrag fair aufgesetzt ist? Klingt nach Science-Fiction? – Ist es wahrlich nicht. In Karlsruhe entstand ein Projekt beim Preisträger “KI-Champion Baden-Württemberg 2020”, das genau das möglich macht. Timo Haberl von der thingsTHINKING GmbH im Interview:

Ihre KI namens “semantha” wird bei dem Projekt “IstDasFair” verwendet. Doch was kann Ihre KI?

Timo Haberl: Seit unserer Gründung im Jahr 2017 aus dem KIT heraus arbeiten wir an der stetigen Weiterentwicklung von “semantha”. Wo man bei normalen Suchfunktionen genau das gesuchte Wort eingeben muss, kann unsere KI auf semantischer Ebene arbeiten und Texte auf Bedeutungsebene zusammenbringen. Dadurch kann man mit unserer KI zum Beispiel eine große Anzahl von Dokumenten auf Überschneidungen oder bestimmte Hot Spots hin überprüfen.

Wie ist das Projekt “IstDasFair” entstanden?

Timo Haberl: Folgender Fall bei uns im Unternehmen hat das Projekt eingeleitet: Ein Produkt wurde online bestellt, das Geld abgebucht, und drei Monate später wurde der Vertrag vonseiten des Händlers storniert. In diesen drei Monaten konnte der Händler jedoch mit dem Geld haushalten. Rechtlich ist das wasserdicht, allerdings fanden wir das überhaupt nicht fair dem Kunden gegenüber. Und das ist nur ein Beispiel unter vielen: Tagtäglich werden Verträge geschlossen, die man aufgrund von Zeitmangel nicht liest oder aufgrund des Fachvokabulars nicht vollständig versteht und dann Nachteile hat.

Was ermöglichen Sie mit “IstDasFair”?

Timo Haberl: Mit “IstDasFair” wollen wir das Thema KI sinnvoll nutzen, um Fairness in Form von – ich nenne es mal – “Waffengleichheit” sicherzustellen, dass also jeder das Recht hat, einen fairen Vertrag abzuschließen. Wer ein Dokument bei “IstDasFair” hochlädt, bekommt in Sekundenschnelle ein kommentiertes PDF- oder Word-Dokument zurück, wo genau ersichtlich ist, welche Stellen man sich nochmal anschauen sollte, da diese zum Nachteil des Verbrauchers sein könnten. Im Nachgang kann jeder für sich selbst entscheiden, ob ein Rechtsbeistand hinzugezogen werden soll oder nicht, da wir auf keinen Fall einen Rechtsanwalt ersetzen können. Wir können lediglich Hinweise geben.

Wie funktioniert “IstDasFair”?

Timo Haberl: Das Angebot bedient sich an einer Datenbank, die mit fairen und unfairen Passagen aus Vertragsdokumenten wie Arbeitsverträgen, aber auch AGBs etc. gefüllt ist. Die Inhalte der Datenbank stammen von Juristen und Fachexperten, die uns auch bei der stetigen Erweiterung dieser unterstützen. Mithilfe unserer KI “semantha” können wir dann auf Basis dieser Datenbank hochgeladene Dokumente auf Bedeutungsebene hin untersuchen.

Wie stellen Sie Datenschutz bei Ihrer KI sicher?

Timo Haberl: Bei Unternehmen, die mit sensiblen Daten umgehen müssen, läuft unsere Software “semantha” nicht in der Cloud, sondern tatsächlich beim Kunden selbst. Außerdem können wir “semantha” in jeder Branche Out-of-the-Box einsetzen, ohne die KI mit Dokumenten vom Kunden zu trainieren. Mehr zum Thema Datensicherheit kann man auch auf unserer Webseite einsehen, wo wir die ganzen Verschlüsselungsverfahren aufzeigen.

Wie wird es mit Ihrer KI und Ihrem Projekt “IstDasFair” weitergehen?

Timo Haberl: Wir möchten “semanthas” Funktionsumfang erweitern und sie als unterstützendes Werkzeug in anderen Branchen und Unternehmen implementieren. Bei “IstDasFair” herrscht ein ähnlicher Ansatz: Wir möchten die Datenbank schnellstmöglich erweitern, um noch mehr Themengebiete abdecken zu können. Außerdem soll das Thema noch mehr Aufmerksamkeit bekommen, um die nach wie vor vorherrschende Skepsis gegenüber KI zu ändern. Wir möchten nämlich aufzeigen, dass künstliche Intelligenzen für durchaus nützliche Vorgänge eingesetzt werden können.

Weitere Informationen zu dem Unternehmen und seiner KI finden Sie hier.

Das Angebot “IstDasFair” zur Dokumentprüfung können Sie hier aufrufen.

Mitstreiter für Datenschutz, Fairness und Transparenz

Neben “fair.digital” verfolgen erfreulicherweise auch weitere Initiativen Ziele, die die digitale Souveränität des Einzelnen und der Gesellschaft in Bezug auf Datenschutz, Fairness und Transparenz stärken wollen. Hier ein Überblick zu fünf Initiativen und Vereine:

Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V.

Der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. arbeitet seit seiner Gründung im Jahr 1989 an der Weiterentwicklung des Datenschutzes. Teilnehmer sind neben den 1.810 Mitgliedern (Stand: Februar 2021) in Form von betrieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten auch die Politik, Wirtschaft und Aufsichtsbehörden.

Der BvD setzt sich durch den Austausch in neun Arbeitskreisen und zwölf Regionalgruppen für einen modernen und machbaren Datenschutz ein. Verbandsinterne Fort- und Weiterbildungen werden dafür unterstützend vom Verein angeboten.

Ziel ist die stärkere Verankerung der Arbeit von Datenschutzbeauftragten im Bewusstsein der Öffentlichkeit und die Förderung der Interessen der betrieblichen und behördlichen Datenschutzbeauftragten. Dafür wurde in Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden und Datenschutzexperten auch ein Berufsbild des Datenschutzbeauftragten entwickelt, auf das eine Verpflichtung erfolgen kann. Bisher verpflichteten sich schon 332 Personen auf das „berufliche Leitbild“, mit denen bestimmte Qualitäts- und Sicherheitsstandards in der Tätigkeitsausübung garantiert werden.

BITMi e.V. und Software Made in Germany

Der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) ist ein Zusammenschluss von mehr als 2.000 mittelständischen IT-Unternehmen in Kooperation mit dem Bundeswirtschaftsministerium.  

Als IT-Fachverband setzt sich der BITMi für die politische Vertretung der mittelständischen Interessen von etablierten IT-Unternehmen und Start-Ups ein. Mithilfe von gemeinsamen Veranstaltungen und Werbekampagnen wird ein Netzwerk gebildet, das zu profitablen Synergieeffekten führen und das Unternehmenswachstum beschleunigen soll. Die Gütesiegel „Software Made in Germany” und „Software Hosted in Germany sollen den Standort Deutschland stärken und die Datenschutzfreundlichkeit, hervorragende Qualität und den großartigen Service der zertifizierten Unternehmen verdeutlichen.

Der BITMi bietet gleichzeitig eine Kontaktstelle für Endkunden an, die über den Stand der Informationstechnologie und Lösungen für Probleme informieren wollen. Durch Projekt-Publikationen von Fachgruppen erfolgt außerdem ein Wissenstransfer zu Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Corporate Digital Responsibility (CDR) – Initiative

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat im Mai 2018 gemeinsam mit anderen Institutionen die „Corporate Digital Responsibility (CDR) – Initiative“ ins Leben gerufen. Als Lernpartnerschaft setzt sich die Initiative für die Prägung und Definition des Begriffes der Corporate Digital Responsibility (CDR) und dem Tragen von digitaler Verantwortung ein.

Durch die Erarbeitung von Prinzipien und Leitlinien sollen Unternehmen aller Branchen zur Umsetzung einer menschen- und werteorientierten Gestaltung von Digitalisierung angeregt werden. Neben dem Marktvorteil der Unternehmen sollen Verbraucher dadurch auch einen besseren Überblick über diese „ehrbaren Kaufleute“ bekommen. Für dieses Ziel engagieren sich neben dem BMJV auch Institutionen wie die Deutsche Telekom, Miele und SAP (und weitere).

Initiative D21

Im Jahr 1999 gründete sich die Initiative D21 als gemeinnütziger und parteiübergreifender Verein durch Bundeskanzler a.D. Gerhardt Schröder und Erwin Staudt.2 Mit dem Ziel der Verhinderung der digitalen Spaltung der Gesellschaft3 sollte das Interesse und die Bereitschaft für den Wandel zur Informationsgesellschaft gefördert werden2. Für dieses Ziel erfolgte ein Zusammenschluss führender Unternehmen und Wirtschaftsführer der Informationsgesellschaft zur Unterstützung der Herausgabe von Gütezeichen, um Vertrauen in den E-Commerce aufzubauen und zu gewährleisten.

Die Initiative D21 setzt sich außerdem für die Durchleuchtung von gesellschaftlichen Herausforderungen im digitalen Wandel (in Form von jährlichen Lagebildern) ein. Damit sollen Debatten angestoßen werden, um die Zukunft der Digitalen Gesellschaft sinnvoll zu gestalten. Außerdem ist die Initiative D21 Mit-Initiatorin des bundesweiten Aktionstags Girls’Day, mit dem jungen Frauen die Vielfalt von MINT-Berufsbildern näher gebracht werden sollen.

Virtuelles Datenschutzbüro

Das „Virtuelle Datenschutzbüro“ ist eine zentrale Informations- und Anlaufstelle für Datenschutzfragen, die von zahlreichen offiziellen Datenschutzinstitutionen mitgetragen wird. Verantwortlicher im Sinne des Telemediengesetzes und des Rundfunkstaatsvertrages ist Marit Hansen, Landesbeauftragte für Datenschutz des Landes Schleswig-Holstein. Die beteiligten Datenschutzinstitutionen sind institutionalisierte Datenschutzkontrollinstanzen und stellen als Projektpartner die Träger der „Virtuellen Datenschutzbüros“ dar.

Diese Projektpartner aus Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein verlinken aktuelle Meldungen. Diese bilden zusammen mit den einleitenden Texten zu Datenschutzthemen auf der Webseite des „Virtuellen Datenschutzbüros“ das Fundament zur Informationsgewinnung. Außerdem hat man dort Zugriff auf (thematisch geordnete) Musterschreiben und Formulierungshilfen zu Unterthemen wie der „Löschung von Daten“ oder „Widerspruch gegen Verarbeitung von Daten von Betroffenen“. Ziel dieses Informationsangebots ist die Förderung des Datenschutzes durch die Nutzung von aktuellen technischen Möglichkeiten, die Verbesserung der Zusammenarbeit der beteiligten Stellen und die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit.

 

“Die Welt” berichtet über “fair.digital”

Auf der 50. Tagung der Gesellschaft für Informatik forderte die SPD-Bundesvorsitzende und IT-Expertin Saskia Esken nach europäischer Datensouveränität. Nicht nur aus den Berichten der regionalen „Badische Neuste Nachrichten“ kommt hervor, dass auch die Werte des Vereins „fair.digital“ darauf abzielen.

Gerade mit dem Hintergrund der amerikanischen Datenmonopole Google, Facebook und Co. ist die Selbstbestimmheit der Datenfreiheit nicht gegeben. „Die Marktkapitalisierung dieser Unternehmen beruht zum großen Teil auf riesigen Datenmengen, die sie sammeln und verknüpfen“, berichtete Martin Hubschneider, Vorsitzender des Vereins „fair.digital“, gegenüber der “Badische Neuste Nachrichten” (07.11.2020).

Der Verein „fair.digital“ stellt die Gegenbewegung zu dieser Art des Überwachungskapitalismus dar, wie auch die unabhängige Initiative Digitale Schweiz auf ihrer Webseite aufgreift. „Unternehmen, die das Siegel tragen, halten sich an die Prinzipien des Datenschutzes, sie erfüllen die transparenten und fairen Vorgaben“, erklärte Hubschneider weiter (07.11.2020).

Mit dem Siegel soll also nicht nur ein Bewusstsein für Datenschutz geschaffen, sondern auch die Transparenz der Daten gefordert und gefördert werden.

Was Datensouveränität nach den Prinzipien des Vereins “fair.digital” bedeutet, beschrieb Laura Goebes von CAS Drive bei einem Interview in der Fachzeitschrift „Autohaus“ (16.11.2020). Die mit dem Siegel ausgezeichnete Software mache es den Kunden auf Wunsch möglich, das Zurückbleiben von Daten bei CAS nach einem Abschluss des Abonnements zu verhindern. Ein weiterer Vorteil sei die Schaffung von Transparenz in Hinblick auf die DSGVO durch das Einsehen der Speicherorte der Daten.

In einer Sonderpublikation der 60. Ausgabe der “Welt” im Dezember 2020 erklärte Marcus Bär, Mitglied der Geschäftsführung CAS Mittelstand, dass eben diese Digitale Souveränität der Kunden von zentraler Bedeutung für das Unternehmen sei und man die sensiblen Daten vor dem Zugriff Dritter schützen müsse.

Wie auch die Redaktion der “Marketing-Börse” in einem Fachartikel bemerkte, können mit dem „fair.digital“-Siegel ausgezeichnete Unternehmen Vertrauen schaffen und Kunden an sich binden.